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Die feine englische Art

Let's have lunch! Kleine Geschichte der Mittagsmahlzeit

Ploughman's Lunch auf einem Holzbrett angerichtet mit Brot, Scotch Egg, Käse, Apfel, Frühstücksfleisch und Tomaten

Ein Ploughman's Lunch, wie man ihn in vielen Pubs zur Mittagszeit bestellen kann.

Wer je „Downton Abbey“ im englischen Original geguckt hat, weiß: Bei Lord und Lady Grantham trifft man sich mittags zum „luncheon“. Nicht etwa zum „lunch“. In jener Ära Anfang des 20. Jahrhunderts und in jener Gesellschaftsschicht war halt alles etwas feiner, aber eben auch komplizierter. Das „e“ in „luncheon“ wird übrigens nicht mitgesprochen, sondern gewissermaßen verschluckt.

Egal, wie sie hieß und heißt: Die Mittagsmahlzeit als fester Bestandteil des Alltags ist eine relativ neue Erfindung in Großbritannien.

Historisches

  • Vor dem 18. Jahrhundert aßen nur die Bäuerinnen und Bauern auf dem Felde und die Handwerker mittags eine Kleinigkeit und abends in der Familie. Um 12 Uhr hatten sie – vor allem im Sommer, wenn es früh hell wird – oft schon sieben Stunden Arbeit hinter sich.
  • Adel und später das Bürgertum kannten „luncheon“ nicht. Sie speisten zum Frühstück und abends häufig in Gesellschaft. Da die Abendmahlzeit eher spät angesetzt war und im 19. Jahrhundert zeitlich immer weiter nach hinten rutschte, wurde angeblich der Afternoon Tea erfunden (und zwar von der Duchess of Bedford).
  • Die industrielle Revolution änderte alles. Da die Arbeitszeiten nicht mehr von den natürlichen Lichtverhältnissen abhängig waren, lang und länger wurden und die Arbeitsplätze oft weit von Zuhause entfernt lagen, ging es nicht ohne eine substanzielle Mittagsmahlzeit. Auch wer nicht körperlich arbeitete, begann nun, mittags zu essen.
  • Nichtberufstätige – und das waren damals die meisten Frauen im Bürgertum (im Adel sowieso) – schlossen sich den neuen Gewohnheiten an. Wichtigste Mahlzeit blieb aber das Abendessen.
  • „Luncheon“ wurde dann im 19. Jahrhundert auch zum gesellschaftlichen Ereignis. Ohne die formalen Zwänge einer großen Dinner-Party trafen sich vor allem Damen zum Speisen. Hier konnten auch Leute eingeladen werden, die abends aus allerlei Zwängen heraus null Chance hatten, zum Beispiel Alleinstehende oder Menschen aus anderen Gesellschaftsschichten.

Sprachliches

  • „Ladies who lunch“: Das ist ein feststehender Begriff und meint heute noch wohlhabende Frauen, die eher wenig zu tun haben und sich häufig mittags verabreden.
  • In Großbritannien nehmen Kinder und Jugendliche ihren Lunch meist in der Schule ein, wo er verwirrenderweise „school dinner“ heißt. Auch in vielen Familien sagt man „dinner“ zur Mittagsmahlzeit und dann „tea“ zur frühen Abendmahlzeit, später gibt es nur noch einen Snack.
  • Die vornehme Sprachregelung aber meint mit „lunch“ das Mittagessen und mit „dinner“ oder „supper“ das Abendessen. Für einen „tea“, der nicht ein kompletter Afternoon Tea ist, ist man sich in manchen Kreisen zu fein.
  • Die Herkunft des Wortes „luncheon“ oder kurz „lunch“ ist unbekannt. Etymologen mutmaßen, dass es mit „lump“ verwandt ist und ursprünglich ein Stück Brot oder Käse bezeichnete, also die typische Bauernmahlzeit.

Kulinarisches

  • „Ploughman's Lunch“ findet man auf manchen Pub-Speisekarten. Das „Pflügeressen“ besteht aus einem ordentlichen Stück Cheddar mit Brot, Zwiebeln und Chutney. Empfehlenswert!
  • Der Begriff „luncheon meat“ ist eins der wenigen Überbleibsel der alten Form. Bei uns nennt man es „Frühstücksfleisch“, eine etwas undefinierbare Wurst-Schinken-Mixtur in der Dose. Bekanntester Markenname: Spam. Der wiederum gab dem Spam in der Mailbox den Namen, aber das ist eine andere Geschichte.

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Leserbriefe (2)

  • Angela bartsch
    am 07.10.2023
    Gehört nicht direkt zum Thema, könnte aber vielleicht interessant sein. Ich habe mal irgendwo gelesen, der 5Uhr - Tee sei früher in der Arbeiterklasse so eine Art Abendessen gewesen
    Angeblich hing das auch mit dem Heimkommen nach der Arbeit zusammen; es gab halt Tee, aber eben auch herzhafte Dinge zum Sattessen.
    Könnt ihr sowas bestätigen?
  • THE BRITISH SHOP Online-Team
    am 09.10.2023
    Die Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten. Im frühen 19. Jahrhundert hat Anna Stanhope, Duchess of Bedford, die zum Hofe Queen Victorias gehörte, die Teatime „erfunden“, weil ihr die Zeit zwischen dem Mittag- und Abendessen zu lang wurde. Zwischen 14 und 15 Uhr nahm sie ein leichtes Mahl aus heißem Tee, Käse, Obst und Sandwiches zu sich und lud auch andere Damen der feinen Gesellschaft dazu ein. Dies entwickelte sich dann zu einer regelrechten Mode, zunächst nur in den höheren Gesellschaftsschichten.
    Die Arbeiter der unteren Gesellschaftsschichten konnten sich solche Extravaganzen wie kleine Sandwiches und Küchlein natürlich nicht leisten. So begann die Tradition, den High Tea zu einer vollständigen Mahlzeit auszuweiten. Wurstwaren, leichte Suppen und Wein hielten Einzug in die Teatime, ebenso wie dicke Brote und mit Fleisch gefüllte Pasteten. In den unteren Schichten waren diese Mahlzeiten sehr sättigend. Im weiteren Verlauf verschob sich die Teatime dann zeitlich wieder etwas mehr in den Abend, so dass in manchen Gegenden die Teatime zum Abendessen wurde.

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