Wer glaubt, Hollywood bestehe nur aus glitzernden US-Schönheiten, der hat Saoirse Ronan noch nicht gesehen – oder gehört. Denn sobald die irisch-amerikanische Schauspielerin den Mund aufmacht, wird klar: Hier spricht kein PR-Roboter, sondern ein echtes Original. Charmant, scharfzüngig, herrlich ehrlich – und vor allem: talentiert bis in jede Sommersprosse.
Schon der Name hat Gewicht: Saoirse – ausgesprochen Sör-scha, was auf Irisch so viel bedeutet wie „Freiheit“. Und genau das strahlt sie aus. Freiheit im Spiel, Freiheit im Denken, Freiheit von allem, was nach Schublade klingt. Mit 13 Jahren für Abbitte direkt für den Oscar nominiert, ist sie längst kein Wunderkind mehr – sondern eine der eindrucksvollsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Sie ist das weibliche Pendant zu Irlands Exportgrößen Brendan Gleeson, Colin Farrell und Cillian Murphy. Nur eben mit viel Feingefühl, Tiefgang – und ziemlich sicher dem schönsten Akzent.
The Outrun – zwischen rohem Schmerz und schottischem Moor
Aktuell sorgt sie mit ihrer Hauptrolle in The Outrun wieder für Aufsehen – und das nicht zu knapp. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Memoir von Amy Liptrot und erzählt von einer jungen Frau, die nach Jahren der Alkoholsucht zurück auf die Orkney-Inseln kehrt, um ihr Leben neu zu sortieren – zwischen stürmischer See, Vogelbeobachtung und der rauen Schönheit der Natur.
Und Ronan? Spielt diese Rolle mit einer Verletzlichkeit, die einem das Herz bricht und es im selben Atemzug wieder zusammenflickt. Sie übertreibt nicht, sie lebt die Rolle. Wer The Outrun sieht, versteht: Das ist kein Glamour, das ist pure Ehrlichkeit. Und eine Erinnerung daran, dass Heilung nicht immer schön ist – aber möglich.
Little Women – und die große Freiheit
Natürlich darf Little Women (2019) in keinem Ronan-Porträt fehlen. Ihre Jo March war mehr als eine literarische Figur. Sie war eine Liebeserklärung an weiblichen Ehrgeiz, Witz und Selbstbestimmung. Greta Gerwigs Neuverfilmung machte aus Louisa May Alcotts Roman einen feministischen Blockbuster, und Saoirse war sein Herz.
Zwischen Tinte, Tränen und Trachtenkleidern zeigte sie, dass Emanzipation auch im 19. Jahrhundert mehr war als ein gut sitzender Mittelscheitel. Ihre Jo war keine Heldin, weil sie perfekt war. Sie war eine Heldin, weil sie kämpfte – mit sich, mit der Liebe und mit einem System, das Frauen vorzugsweise ans Herdfeuer verbannte.
Mary Queen of Scots, Lady Bird und Brooklyn
Was Saoirse Ronan so besonders macht? Vielleicht ist es ihre Stimme, die noch jeden Talkshow-Moderator um den Finger gewickelt hat. Vielleicht sind es diese blitzgescheiten Augen, die mehr sagen als so manche Drehbuchseite. Vielleicht ist es aber auch das unerschütterliche Gefühl, dass hier jemand auf der Leinwand steht, der nicht gefallen möchte – sondern etwas erzählen will.
Ronan wirkt nie wie jemand, die sich in Rollen hineinzwängt. Sie nimmt sich Raum. Sie bringt Tiefe dahin, wo andere nur hübsch gucken. Und sie verleiht selbst kleinen Momenten Größe – sei es als rebellische Königstochter in Mary Queen of Scots, als Teenager auf der Suche nach sich selbst in Lady Bird oder als verlorene Tochter in Brooklyn.
Die Top 5 für den Saoirse-Deep Dive
Wer sich dem Ronan’schen Charme ganz hingeben will, hier die ultimative Filmvorschlagsliste für lange Wochenenden mit Stil:
- The Outrun (2024) – rau, poetisch, kathartisch
- Little Women (2019) – klug, mitreißend, ikonisch
- Brooklyn (2015) – zart, tiefgründig, herzerwärmend
- Lady Bird (2017) – rotzig, liebevoll, zum Niederknien ehrlich
- Am Strand (On Chesil Beach, 2017) – still, tragisch, meisterhaft nuanciert
Bonuspunkt: Wer The Grand Budapest Hotel liebt, findet Ronan auch dort – als Konditorin mit politischem Biss. Zuckerbäckerin trifft Weltgeschehen.
Kein (typischer) Star – sondern eine Geschichtenerzählerin
Saoirse Ronan ist kein Star im klassischen Sinn. Sie ist nicht laut, nicht überinszeniert, kein Paparazzi-Magnet. Aber sie ist da. In ihren Rollen, in ihren Interviews, in ihrer Haltung. Sie bringt eine Ernsthaftigkeit mit, die nicht schwer wirkt – sondern notwendig. Und eine Leichtigkeit, die nicht oberflächlich wirkt, sondern zutiefst menschlich.
In einer Zeit, in der Schauspiel oft in Effekt und Oberfläche verpackt wird, bleibt Ronan eine, die gräbt. Die erzählt. Und die zeigt: Kino darf alles – solange es etwas zu sagen hat.
Man kann sich also auf alles freuen, was da noch kommt. Denn wenn Saoirse Ronan eine Rolle übernimmt, wird es niemals belanglos. Es wird intensiv, poetisch, manchmal schmerzhaft – aber immer echt. Und wer sehnt sich nicht gerade in Zeiten, in denen man kaum noch weiß, was wirklich authentisch ist, nach genau dieser Echtheit?
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