neues Leben in alten Mauern
Auch Industriearchitektur hat Charme. Der beste Beweis ist die Battersea Power Station, ein ehemaliges Kohlekraftwerk in London, an der Themse gelegen. Der riesige und weithin sichtbare Ziegelbau mit den vier hohen Schornsteinen ist das, was man heute gern „ikonisch“ nennt.
Aufstieg durch den Schornstein
Nach vielen Jahren, sogar Jahrzehnten des Leerstands und Verfalls herrscht nun wieder Leben im Gebäude: Geschäfte und Restaurants haben eröffnet, wo früher Turbinen und Kessel standen. Unterm Dach und im neu gestalteten Viertel rundherum sind rund 4.000 Wohnungen gebaut worden oder im Bau. Die unverkennbaren weißen Schornsteine, die schon ein Sicherheitsrisiko geworden waren, sind neu aufgebaut worden – einer davon beherbergt einen Lift, der die 109 Meter ganz nach oben fährt, sogar ein Stück über den Rand hinausragt und einen Rundblick auf London freigibt. Einzeltickets für den „Lift 109“ kosten knapp 16 Pfund, eine Multimediashow ist inklusive. Lust mitzufahren? Das geht auch per Video: https://youtu.be/97YPOcBXVD8
Pink Floyd und das schwebende Schwein
Das alte Kraftwerk war seinerzeit in zwei Phasen gebaut worden – die erste in den 1930ern, die zweite in der Nachkriegszeit. Zwanzig Jahre lang hatte das Gebäude nur zwei Schornsteine, ehe Block B mit zwei weiteren dazukam. Der Anblick ist so erstaunlich, dass dieser Bau auf mehreren Plattencovern auftauchte, darunter „Animals“ von Pink Floyd; auf der Collage schwebt ein Schwein zwischen den Schornsteinen (es gibt übrigens eine deutsche Pink-Floyd-Coverband, die sich Battersea Power Station nennt). Auch auf der Hülle der Rockoper „Quadrophenia“ von The Who ist das Kraftwerk zu sehen. Als Drehort für Filme war das Industriedenkmal ebenfalls beliebt.
Viele Pläne, viele Rückzieher
1975 wurde Block A, 1983 Block B abgeschaltet, weil das Kraftwerk reparaturbedürftig war und die Stromproduktion abfiel. Was sollte daraus werden? Die Planungen und Projekte kamen und gingen, mal war ein Biomassekraftwerk geplant, dann ein Freizeitpark. Der Chelsea-Fußballclub äußerte Interesse, nach einem Abriss dort sein neues Fußballstadion zu bauen. Während all der Zeit blieb das Gebäude so stehen, wie es war, zeitweise sogar ohne Dach.
Hommage an einen berühmten Architekten
Am Ende ist es jetzt eine große Shoppingmall mit Lokalen, Büros, Wohnungen plus Dachgarten, einem Club und einer eigenen U-Bahn-Station geworden. Auch wer nicht einkaufen oder essen will, hat Zutritt und kann sich die gelungene Restaurierung anschauen. Im älteren Block A ist die Art-déco-Ausstattung der Innenräume teilweise rekonstruiert worden – eine Hommage an eine Zeit, als man sich mit Industriebauten viel Mühe gab. Block B dagegen, 1955 komplettiert, ist viel nüchterner. Architekt der Battersea Power Station war seinerzeit Giles Gilbert Scott, der auch das heutige Tate Modern (ursprünglich ebenfalls als Kraftwerk) gebaut hat. Auch das Design der berühmten roten Telefonzelle stammt von ihm.
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