Klassiker im Straßenbild
Wer braucht heute noch Telefonzellen? Die Briten. Denn obwohl alle Welt mobil telefoniert oder sowieso nur Kurznachrichten schickt, stehen noch 9.000 knallrote „phone boxes“ im Vereinigten Königreich. Sie sind einfach zu schön, um sie endgültig abzuschaffen.
Nicht jede Telefonzelle gleicht der anderen, denn sie stammen aus unterschiedlichen Epochen. Die beliebtesten Varianten heißen „Kiosk 2“ und „Kiosk 6“ – letzterer auch „Jubilee Kiosk“ genannt, da er 1936 zum silbernen Thronjubiläum Georgs V., Vater der Queen, entworfen wurde. Designer beider Modelle ist Sir Giles Gilbert Scott, ein echtes Schwergewicht seiner Branche, denn er hat auch das Gebäude der heutigen Tate Modern entworfen (damals als Kraftwerk) sowie die geradezu ikonische Battersea Power Station. Scott wollte die Telefonzellen übrigens dezent grau gestalten, damit sie sich besser ins Straßenbild einfügen, aber die Post – damals noch zuständig fürs sogenannte Fernmeldewesen – bestand auf dem Rot, das auch schon ihre Briefkästen schmückte. Und sie hat recht behalten, denn in Grau wären sie wohl nicht zu solchen Klassikern und Symbolen des britischen Way of Life geworfen.
Da aber Telefonzellen auch in Großbritannien kaum noch zum Telefonieren gebraucht werden und Ungenutztes schnell verkommt, hat die British Telecom vor Jahren ein Patenprogramm namens „Adopt a Kiosk“ ins Leben gerufen. Städte, Gemeinden, Vereine und andere gemeinnützige Organisationen können eine Telefonzelle für ein Pfund kaufen, das Telefon wird demontiert, und danach sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. In manchen Häuschen hängen heute Defibrillatoren für Notfälle, andere sind Infoboxen oder öffentliche Bücherregale, wieder andere Mini-Cafés oder winzige Kunstgalerien. Lauter gute Ideen, die dem Klassiker neues Leben einhauchen.
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