Es grünt so grün
Im Advent holen wir Immergrün ins Haus – ein Brauch aus vorchristlicher Zeit, der uns im Winter Hoffnung bringen und den Fortgang des Lebens symbolisieren soll. Bei uns steht die Tanne oder Fichte im Mittelpunkt, erst in Gestalt des Adventskranzes, dann als Christbaum. Im Vereinigten Königreich sind Nadelgewächse natürlich ebenfalls Teil der Adventsbräuche, aber der Schwerpunkt liegt doch ein wenig anders.
Traumpaar Stechpalme und Efeu
„Holly“, bei uns Stechpalme oder Ilex genannt, ist ein ganz traditioneller Weihnachtsschmuck, der längst auch bei uns viele Fans hat. Die gezackten glänzenden Blätter mit roten Beeren sind eine wunderschöne Kombination. In der christlichen Interpretation symbolisieren sie aber auch die Dornenkrone Jesu, die Beeren stellen die Blutstropfen dar. Vor allem in Irland war die Stechpalme lange Weihnachtsgrün Nummer eins, zumal sie auf den Britischen Inseln heimisch und in der Natur reichlich zu finden ist. Ein „holly“-Zweiglein ziert in Darstellungen und auch in vielen Haushalten den Christmas Pudding, wenn er zu Tisch getragen wird.
Der natürliche Partner der Stechpalme ist der Efeu, auf Englisch „ivy“, der ebenfalls heimisch, überall zu finden und kostenlos ins Haus zu holen ist. „The Holly and the Ivy“ heißt der Titel eines klassischen englischen Weihnachtsliedes. Efeu ist zwar gesundheitsschädlich und sollte nicht mit Lebensmitteln in Berührung kommen, hat aber den Vorteil, dass sich wegen seiner Biegsamkeit problemlos Girlanden daraus winden lassen, die auch sehr haltbar sind. Sowohl Holly als auch Ivy sind im Königreich übrigens beliebte Mädchennamen.
Misteln für die Liebe und gegen Unheil
Die Mistel („mistletoe“) hat Zauberkräfte, das wissen alle, die jemals Asterix gelesen haben. Obwohl die kugelförmige Pflanze mit den transparent-weißen Beeren als typischer Schmarotzer ihren Wirtsbäumen gefährlich werden kann, wenn sie zahlreich auftritt, gilt sie schon lange als Symbol für das Leben und für Fruchtbarkeit. Da ist es nicht weit bis zum Brauch, sich darunter zu küssen! Dass sie auf den Britischen Inseln häufig an der Tür hängt, hat nicht nur damit zu tun, dass möglichst alle neu Eintretenden geküsst werden sollen. Sondern auch damit, dass die Mistel nach altem Aberglauben Unheil fernhält; es muss draußenbleiben.
Und dann wäre da noch Tannengrün. Der Adventskranz mit den vier Kerzen ist in Großbritannien und Irland unüblich, auch wenn es ihn inzwischen bei manchen Floristen zu kaufen gibt. Tannengirlanden dagegen, gern noch verstärkt mit Ilex, sind sehr populär und sehen traumhaft aus, wenn sie über dem Türrahmen, am Handlauf einer Treppe oder auf einem Kaminsims drapiert werden. Da sie schnell trocken werden und nadeln, greifen viele Leute zur künstlichen Alternative.
Ein königlicher Weihnachtsbaum
Der Weihnachtsbaum selbst, der „Christmas tree“, wird auf den Britischen Inseln häufig schon früh im Dezember aufgestellt und geschmückt; er darf bis maximal 6. Januar bleiben. Früher war er oft unecht und alljährlich neu zu gebrauchen, inzwischen gelten echte Bäume als stilvoller. Der Brauch ist nicht so alt wie bei uns; Queen Charlotte – die Gattin Georgs III., die Netflix-Gucker auch aus „Bridgerton“ kennen – hatte ihn im 18. Jahrhundert aus ihrer deutschen Heimat mitgebracht. Aber erst zu Zeiten Queen Victorias und ihres deutschen Gemahls Albert verbreitete sich die Sitte in der Bevölkerung, nachdem ein Magazin eine Zeichnung der königlichen Familie vor einem mit Kerzen bestückten Weihnachtsbaum veröffentlicht hatte. Die Geschäftswelt griff die Idee rasch auf, und spätestens ab den 1920ern waren Christbäume auch in bürgerlichen Häusern üblich.
Der Stern des Südens
Zu erwähnen bleibt noch der Weihnachtsstern, der im Englischen den Namen „Poinsettia“ trägt und wie bei uns ein beliebtes Mitbringsel ist. Er stammt aus Mexiko, wo er schon im 17. Jahrhundert mit Weihnachten in Verbindung gebracht wurde. Anfang des 19. Jahrhunderts fand er seinen Weg erst in die Vereinigten Staaten und dann nach Europa. Seinen englischen Namen hat er von dem US-amerikanischen Diplomaten Joel Roberts Poinsett, der die ersten Exemplare von Mexiko nach Hause schicken ließ.
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