Graf Dracula ist vor allem als Filmfigur bekannt. Dabei lohnt es sich auch heute noch, die Romanvorlage für die unzähligen Adaptionen zu lesen. Ihr Autor Bram Stoker, dessen Todestags sich am 20. April zum 102. Mal jährt, hat das Buch raffiniert aufgebaut, sodass die Gruselgeschichte anhand von Tagebuchnotizen, Zeitungsartikeln, Tonaufnahmen und Briefen erzählt wird. Richtig modern!
Bram Stoker (1847 – 1912) war Ire, bei Dublin geboren. Er verdiente sein Geld als Journalist, Theatermanager und Assistent des Schauspielers Henry Irving. Den gewaltigen Erfolg seines „Dracula“ – den er übrigens „The Dead Un-Dead“ betiteln wollte – erlebte er nicht mehr, denn zunächst verkaufte sich das Werk eher schleppend. Dafür schlug sich dann seine Witwe postum jahrelang mit Copyright-Problemen herum und prozessierte zum Beispiel gegen „Nosferatu“, den berühmten Vampir-Stummfilm Fritz Murnaus. Denn der Film orientierte sich eindeutig an der Vorlage, ohne sie zu erwähnen, und wurde schließlich vom Markt genommen (was seinen Ruhm nur noch steigerte!).
„Dracula“ erschien 1897. Das Buch war nicht der erste Vampirroman und passte gut in eine Ära der Schauergeschichten, die Mary Shelley 1818 mit „Frankenstein“ eingeläutet hatte. Stoker ist es zu verdanken, dass Transsilvanien – das heute zu Rumänien gehört – als Heimat der Vampire gilt. Er ließ sich von dem übel beleumundeten Fürsten Vlad III., Beiname Draculea (Drachensohn), aus dem 15. Jahrhundert inspirieren. Rein optisch lehnte er Dracula aber glücklicherweise nicht an dieses etwas glubschäugige Vorbild an, sondern beschreibt ihn im Roman als aristokratische Erscheinung. Inspiration holte sich Stoker auch im Seebad Whitby an der Küste von Yorkshire, in dem er 1890 seine Ferien verbrachte. Er recherchierte in der Bibliothek der Stadt zum Thema Rumänien. Das ist nachgewiesen, denn er hat Notizen dazu hinterlassen. Auch das Stadtbild mit der alles überragenden Klosterruine auf einer Klippe beeindruckte Stoker wohl sehr. Im Roman landet Dracula in Whitby an – in Gestalt eines großen schwarzen Hundes, der von einem Totenschiff an Land springt. Stoker beschreibt die Stadt recht detailgetreu, und man erkennt sie noch wieder in seinen Zeilen.
Trotz der düsteren Fantasie scheint Stoker eine gute Seele gewesen zu sein. So war er einer der ganz wenigen, die Oscar Wilde zur Seite standen, nachdem dieser wegen seiner Homosexualität im Gefängnis gewesen war. Bram Stoker besuchte den verarmten und gesellschaftlich ruinierten alten Bekannten und Kollegen nach dessen Entlassung, ohne sich um den „Skandal“ zu scheren.
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