In Großbritannien ist Weihnachten ein bisschen wie ein Theaterstück für die ganze Familie und es wird mit sehr viel Leidenschaft aufgeführt. Meist beginnt es schon im November – dann hört man irgendwo einen BBC-Sprecher, der mit gedämpfter Stimme zum ersten Mal Silent Night, Holy Night ankündigt. Spätestens dann weiß man: Die Weihnachtssaison hat begonnen.
Dickens: Der Mann, der eigentlich der Weihnachtsminister sein müsste
Charles Dickens steht am Anfang der britischen Weihnachtstradition. Er ist der Mann, der Weihnachten in Großbritannien nicht nur beschrieben, sondern in eine Form gegossen hat, die bis heute das kulturelle Fundament des Festes bildet. Seine Erzählung über Ebenezer Scrooge ist keine leichte Kost, aber sie entfaltet eine Wirkung, die zuverlässig einsetzt – alle Jahre wieder. Man schlägt das Buch zu, schaltet die Verfilmung aus und fragt sich, ob man selbst vielleicht ein klein wenig freundlicher sein sollte. Diese Form stiller moralischer Wirkung ist typisch britisch. Sie gibt dem Fest Tiefe, ohne belehrend zu wirken, und sie macht Dickens bis heute zum festen Bestandteil der Weihnachtszeit in Großbritannien und dem Rest der Welt.
Downton Abbey: Weihnachten mit unserer adeligen Lieblingsfamilie
Downton Abbey hat das Weihnachtsgefühl für eine neue Generation übersetzt. Die Weihnachtsfolgen wirken, als wären sie dafür gemacht worden, die Vorstellung von einem perfekten britischen Fest für immer in den Köpfen der Zuschauer zu verankern. Ein großes Haus, eine verschneite Auffahrt, ein Tannenbaum, der eher an ein nationales Denkmal erinnert, und ein Personalstab, der es schafft, auch an Heiligabend (halbwegs) professionell zu bleiben. Nichts daran ist echt, aber alles fühlt sich herrlich vertraut und ehrlich an. Downton zeigt, was viele als typisch britisch empfinden: Stil, Ordnung, ein Hauch Dramatik – und das Gefühl, dass selbst an komplizierten Tagen ein System existiert, das irgendwie funktioniert. Und wenn es die Tasse Tee ist.
Love Actually, Bridget Jones und The Holiday: Moderne Schulen des weihnachtlichen Chaos
Die britische Weihnachtskultur lebt nicht nur von Adel und Antiquitäten, sondern auch vom Chaos der Großstadt. Love Actually zeigt das sehr deutlich. Der Film bringt alles zusammen, was London im Dezember ausmacht. Menschen, die zu spät sind, Menschen, die es gut meinen, Menschen, die nicht wissen, was sie sagen sollen, und Menschen, die es trotzdem versuchen. Diese Mischung macht den Film zum Klassiker. Echtes Gefühl ist selten perfekt, aber meistens ehrlich. Man scheitert ein wenig, man korrigiert sich, und am Ende klappt es gerade gut genug.
Auch The Holiday gehört inzwischen genauso zur Festzeit. Der Film wirkt wie ein Austauschprogramm für erschöpfte Erwachsene. Eine Frau aus Surrey, gespielt von UK-Superstar Kate Winslet, fliegt nach Los Angeles, eine Frau aus Los Angeles, gespielt von Cameron Diaz, landet in einem Cottage in Surrey, und beide stellen fest, dass ein Ortswechsel oft hilfreicher ist als jede Lebensberatung. Und um diesen transatlantischen Tausch perfekt zu machen, verdreht Brit-Beau Jude Law nicht nur Cameron Diaz, sondern auch uns seit Jahren den Kopf.
Weihnachten ohne Bridget Jones ist wie Frühstück ohne Schokolade. Renée Zellweger hat das britische Weihnachtschaos in eine Figur gepackt, die ständig überfordert, dabei unglaublich liebenswert und erstaunlich ehrlich ist. Ihre klassischen Klischee-Christmas-Jumper, ihre gescheiterten Dates und ihre Versuche, Ordnung in ein Leben zu bringen, das nie stillsteht, gehören inzwischen fest zur Saison.
The Box of Delights: Ein Klassiker für kalte Tage
Wenn man einen stilleren literarischen Klassiker sucht, der in Großbritannien wirklich zum Dezember gehört, landet man schnell bei The Box of Delights von John Masefield. Das Buch ist älter als viele der heutigen Weihnachtstraditionen und taucht trotzdem jedes Jahr wieder auf, als hätte es eine feste Jahreskarte für den Winter. Ein Junge erhält eine geheimnisvolle Schatulle, Schneestürme ziehen über das Land, Züge fahren durch die Nacht, und alles wirkt gleichzeitig bedrohlich und tröstlich. Die Geschichte ist britisch bis in die letzte Flocke.


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