Wer sich nach dem Lesen der Überschrift auf Rezepte für Knabbereien gefreut hat, der wird vermutlich gleich enttäuscht sein: Englische Christmas Cracker sind zwar auch auf gedeckten Tischen zu finden, haben aber nichts mit Keksen, Chips und ähnlichen Genüssen zu tun. Es handelt sich um bunte Knallbonbons aus Pappe und Papier.
In diesen Christmas Crackern sind kleine Überraschungen versteckt. Es gibt zwar auch Ausnahmen mit teurem Schmuck, Parfum oder Whiskyfläschchen, aber üblicherweise handelt es sich beim Inhalt um schlichte Kleinigkeiten, um Zettel mit witzigen Weihnachtssprüchen und … Papierkronen!
Haben Sie sich nicht auch schon manchmal gefragt, warum erwachsene Briten in Filmen oft mit Papierschmuck auf dem Kopf am Weihnachtstisch sitzen, wie wir es allenfalls vom Kindergeburtstag kennen? Hier haben Sie die Antwort: Sie haben sie in einem Christmas Cracker gefunden, der für die meisten Engländer so selbstverständlich zur festlichen Weihnachtstafel gehört wie Messer und Gabel. Und diese Papierkronen setzt jeder freudig auf, da gibt es kein peinliches Zieren und Abwinken.
Ein lustiger Knaller
Für einen typischen kleinen Knall beim Auseinanderziehen der Cracker-Enden sorgen chemisch imprägnierte Papierstreifen, die beim Ziehen gegeneinander reiben. Ein harmloser Effekt, der oft von herausfallendem Konfetti untermalt wird. Üblicherweise zieht man zu zweit an den Enden des Christmas Cracker. Manche pflegen den Brauch, dass derjenige den Inhalt behalten darf, der am Ende das größere Papierteil in der Hand hält. Bei vielen bekommt jeder seinen eigenen Cracker.
Anders als die meisten anderen Weihnachtsbräuche haben die Christmas Cracker keinen tiefer gehenden oder historischen Hintergrund – auch wenn man manchmal liest, die Kronen könnten etwas mit den Heiligen Drei Königen zu tun haben oder an römische Traditionen angelehnt sein. Die Christmas Cracker sollen einfach nur Freude machen und aus diesem Grund wurden sie einst auch erfunden.
Alles begann mit Bonbons aus Paris
Die Christmas Cracker gehen zurück auf den Konditor und Süßwarenhersteller Tom Smith, so erfährt man im Londoner Victoria & Albert Museum. Bei einer Reise nach Paris in den frühen 1840ern lernte er „Bonbons“ kennen, damals zumeist aus gezuckerten Mandeln, die in feines, buntes Papier eingewickelt waren.
Smith war begeistert davon und griff die Idee in seinem Shop in der Goswell Road in Clerkenwell auf. Seine bunten Bonbons wurden zum Verkaufsschlager! Und eines Tages brachte ihn wohl das knisternde Kaminfeuer auf die Idee, seine Bonbons mit einem ähnlichen Knack-Sound zu versehen. Er tüftelte mit Papierstreifen, Silber und rauer Abriebfläche herum und ließ sich 1847 seine Erfindung der knallenden Bonbons patentieren.
Christmas Cracker auf dem Siegeszug
Um die Kundschaft mit immer neuen Crackern zu begeistern, entstanden viele Variationen. Die Idee, kleine Zettel mit Liebesgrüßen hineinzupacken, hatte er schon früh, denn die hübschen Bonbons wurden gerne an die Dame des Herzens verschenkt. Aber auch Cracker mit anderen Motiven zu vielen verschiedenen Gelegenheiten entstanden und irgendwann wurden sie zu einem unverzichtbaren Teil an Weihnachten.
Sein Sohn Walter begann damit, kleine Papierhüte und Kronen in die Cracker zu packen und die Süßigkeiten traten immer mehr in den Hintergrund. In den 1890ern hatte sich Smiths Unternehmen so vergrößert, dass es umzog und am Finsbury Square als Fabrik neu eröffnet wurde. Sie bot dort 2.000 Menschen einen Arbeitsplatz!
Heute gibt es Christmas Cracker in unendlicher Fülle von vielen Herstellern rund um die Welt. Und überall dort, wo die Engländer und das Commonwealth ihre Spuren hinterlassen haben, sind Christmas Cracker zur lieb gewonnenen, ausgelassenen Weihnachtstradition geworden.


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