Farbenprächtig, ausgelassen und karibisch präsentiert sich der Londoner Stadtteil Notting Hill alljährlich am letzten Augustwochenende. Dann nämlich findet hier Londons größtes Straßenfest statt, der Notting Hill Carnival. Bis zu zwei Millionen Besucher und Teilnehmende feiern ausgelassen „The Greatest Community-led Event on the Planet!“ miteinander, wie es die Festival-Homepage stolz verkündet.
Samba, Jerk Chicken und karibische Kostüme
Steelbands, die sich am Vortag bereits zum musikalischen Contest getroffen haben, sorgen an vielen Ecken und auf 40 Bühnen für eine passende musikalische Kulisse. Karibisches Streetfood wie Jerk Chicken oder Pepper Pot bietet kulinarischen Genuss und Händler verwandeln die Straßen Londons in einen bunten karibischen Markt.
Der Sonntag steht ganz im Zeichen der Familien. Die Kinder feiern ihren eigenen Höhepunkt mit einem bunten Karnevalsumzug. Am „Adult’s Day“ am Montag – in Großbritannien ein sogenannter Bank Holiday, also ein gesetzlicher Feiertag - gipfelt die karibische Ausgelassenheit dann im großen Umzug mit Samba, Calypso, Reggae, schillernden Kostümen und brasilianischen Bands. Rund fünf Kilometer legt die farbenprächtige Parade zurück in Straßen voller tanzender und ausgelassener Zuschauer.
Beginn als politisches Statement
Organisator der Veranstaltung ist der Carnival Village Trust (CVT), ein wohltätiger Verein, der 2007 gegründet wurde. Den Karneval feiert die Gemeinde aber schon wesentlich länger. Erstmals Anfang 1959 initiierte die aus der Karibik stammende Claudia Jones eine große Party in der St. Pancras Town Hall. Es war eine politische Veranstaltung, gedacht als Protest gegen rassistische Übergriffe auf Einwanderer sowie den aufsehenerregenden Mord am jungen Kelso Cochrane aus Antigua.
Karibische Einwanderer gab und gibt es hier viele. Zwischen 1948 und 1971 kam es zu einem großen Zustrom aus der Karibik nach Großbritannien. Nach dem ersten Schiff benannt, das die für den Wiederaufbau in Großbritannien angeworbenen Arbeitskräfte aus den ehemaligen Kolonien nach Großbritannien brachte, werden sie heute als „Windrush-Generation“ bezeichnet. Die Männer und Frauen brachten auch ihre karibische Karnevalskultur mit und engagieren sich maßgeblich im Notting Hill Carnival.
Von kleiner Party zum größten Straßenfest Londons
Claudia Jones‘ erste Party wurde ein großer Erfolg und in den folgenden Jahren in immer größerem Umfang gefeiert. 1965 wurde der Karneval zum Straßenkarneval und in den August verlegt. Wurden in den ersten Jahren kaum mehr als 1.000 Teilnehmer verzeichnet, waren es Mitte der 1970er Jahre bereits rund 150.000. Der Notting Hill Carnival ist zur Herzensangelegenheit des ganzen Stadtteils geworden. Monate im Voraus wird geschneidert und geprobt, werden die Trucks für die Steelbands und die vielen Bühnen mit ihren Soundanlagen vorbereitet.
Wer also heute oder morgen in London ist, sollte unbedingt einen Abstecher nach Notting Hill machen und sich vom Carnival in den Bann ziehen lassen. Typisch britisch kann eben auch karibisch aussehen.
Das genaue Programm des Notting Hill Carnival finden Sie hier: https://nhcarnival.org/
Leserbriefe (0)
Keine Leserbriefe gefunden!