Nur eine knappe halbe Stunde Autofahrt von der walisischen Hauptstadt Cardiff entfernt, befindet sich inmitten des malerischen Glamorgan-Tals das Hensol Castle aus dem 17. Jahrhundert. Hinter der märchenhaften Fassade des Herrenhauses verbirgt sich ein modernes Innenleben – und die einzige Gin-Destillerie Großbritanniens, die sich in einem Schloss befindet.
Wechselhafte Geschichte und verschiedene Besitzer
Die Geschichte von Hensol Castle erstreckt sich über Jahrhunderte. Seitdem im Jahr 1419 die ersten Grundmauern gelegt wurden, hat das Schloss häufige Besitzerwechsel erlebt, die alle ihre eigenen Geschichten und Einflüsse hinterlassen haben.
Ursprünglich gehörte das Anwesen der angesehenen Familie Jenkins, mit dem Richter David Jenkins als Familienoberhaupt. Als glühender Royalist machte er während des Bürgerkriegs gegen die Parlamentarier mobil und zahlte einen hohen Preis für seine Loyalität: Er wurde gefangen genommen und in den Tower of London gebracht.
Die Geschichte des Schlosses nahm eine neue Wendung, als es durch die Heirat der Jenkins-Erbin Cecil Jenkins an Charles Talbot überging. Talbot wurde später zum Lordkanzler („Lord Chancellor“) ernannt und erhielt den Adelstitel Baron Talbot of Hensol. Unter der Herrschaft von Talbots Sohn, William Talbot, erlebte das Schloss bedeutende Veränderungen: Die Gärten wurden umgestaltet, das Gebäude erhielt die charakteristischen Zinnen und wurde zum neugotischen Schloss.
Einige Male mehr sollte Hensol Castle den Besitzer wechseln – im 19. Jahrhundert wurde es unter anderem als psychiatrische Einrichtung genutzt. Eine neue Ära begann im Jahr 2015, als der heutige Besitzer Gerald Leeke das Schloss erwarb und es zu einem modernen Hochzeits- und Konferenzzentrum umgebaut wurde – inklusive der Gin-Destillerie und Gin-Akademie.
Destillerie und Gin-Tasting auf Hensol Castle
Hensol Castle unterscheidet sich von vielen anderen Schlössern in Wales dadurch, dass es nicht besichtigt werden kann. Wer hierherkommt, hat einen bestimmten Grund: eine Feierlichkeit im eleganten Rahmen, eine Konferenz oder eben die Liebe zum Gin.
Letztere kann man im Hensol Castle auf mehrere Arten erleben. Wer nur einen kurzen Blick hinter die Kulissen der Ginproduktion werfen möchte, kann eine Führung buchen, die ein Tasting beinhaltet. Bei der etwa eineinhalb Stunden dauernden Tour erfährt man alles über die Geschichte von Hensol Castle, aber eben auch Allgemeines über Gin und den Destillationsprozess. Im Anschluss können dort hergestellte Gins verkostet werden.
Gin School: Gin selber herstellen
Wer sich lieber einmal selbst in der Gin-Produktion versuchen möchte, kann sein theoretisch erworbenes Wissen in der Gin School in die Praxis umsetzen. Unter kundiger Anleitung werden alle Herstellungsprozesse durchlaufen. In einer kleinen Gruppe versammelt man sich in einem Raum im Keller des Schlosses, der fast einem Chemielabor gleicht, mit Thermometern, Messgeräten, Waagen und Reagenzgläsern. Was sofort ins Auge fällt, sind die kleinen, kupfernen Brennblasen, die sogenannten „stills”. Denn jeder, der hier einen Platz in der Gin School gebucht hat, destilliert hier wirklich seinen ganz persönlichen Gin.
Was vom Prinzip her eigentlich ganz einfach klingt, ist auf den zweiten Blick ein wenig kompliziert. Aus etlichen „Botanicals” – verschiedenen Pflanzengruppen, die getrocknet und in Pulverform vorliegen – stellt man sich seine ganz persönliche Geschmacksrichtung zusammen, darunter Beeren, Schalen von Zitrusfrüchten, Rosenblüten, Lavendel, Mädesüß, Schwarztee, Pfeffer und viele andere Gewürze.
Bei manchen Zutaten ist man in der Auswahl völlig frei, andere sind ein Muss, wie die getrockneten Wacholderbeeren, die bekanntermaßen die Hauptzutat eines Gins sind.
Anschließend wird der Mischung hochprozentiger Alkohol hinzugefügt und die Mischung destilliert. Tropfen für Tropfen fließt der reine Gin aus der Brennblase in ein Gefäß, und wird zum Abschluss mit Wasser verdünnt, bevor der Alkoholgehalt gemessen und die Spirituose in eine Flasche abgefüllt wird.
Am Ende des Prozesses darf jeder Teilnehmer seine eigene Ginflasche mit einem Etikett versehen und nach Hause mitnehmen. Eine ganz besondere Erfahrung, die einmal mehr zeigt, wie viel Aufwand und Kreativität hinter einem Produkt steckt, das man sonst nur im Laden kauft.
Informationen & Buchung: www.hensolcastle.com
Leserbriefe (0)
Keine Leserbriefe gefunden!