Als Schweizer werde ich für meine zungenbrecherische Aussprache oft mit großem Erstaunen angesprochen. Mit meiner Reise nach Wales vor ein paar Jahren sollte sich dieses Bild jedoch genau umdrehen, denn die walisische Sprache hat es wirklich „in sich“! Als Austauschlehrer brachte ich damals den Studierenden der University of Bangor in Nordwales die deutsche Sprache näher. Schon am ersten Arbeitstag, beim Betreten des Vorlesungsaales, bemerkte ich die für mich eigenartig erscheinenden Worte an der Türe wie „Bore da“ (Guten Tag) und vor Beginn der Stunde seltsam klingende Sätze zwischen den jungen Menschen.
Eine keltische Sprache
Tatsächlich ist die walisische Sprache für uns aus dem deutschsprachigen Raum eine Art „Pandora-Box“: Weder die Grammatik noch die Aussprache ähnelt der indogermanischen Sprache. Das hat auch seinen Grund, denn es handelt sich hierbei um eine keltische Sprache, die obendrein noch die lebendigste ist. Während etwa das Bretonische eher rückläufig im Gebrauch ist, setzt Wales viel Willen (und monetäre Subventionen!) in die Förderung dieses Kulturgutes ein. So gibt es in fast jeder größeren Stadt kostenlose Walisisch-Kurse und die Universitäten bieten obendrein noch Bachelor- und Master-Studiengänge an. Walisisch gehört zum Stundenplan der Volksschule, somit dürfte die Zahl der Sprechenden in den nächsten Jahren weiter steigen (heute beherrscht rund 1/5 der Bevölkerung von Wales diese Sprache).
Walisisch für die Reise
Wer sich bei der nächsten Großbritannien-Reise Zeit nimmt, Wales als die „etwas andere Ferienecke im Westen“ zu entdecken, wird mit den Einheimischen schnell ins Gespräch kommen. Ob im Restaurant oder im Zug unterwegs, die Menschen zeigen sich schnell entzückt, wenn man eine walisische Grußformel aus dem Ärmel schüttet. Ein „Bora da“ (Guten Tag) oder ein „Diolch“ (Danke) wirken Wunder! „Croeso“ steht oft bei Museen oder Restaurants (siehe Foto) und bedeutet „Willkommen“.
Eine besondere Sprache
Zwei Besonderheiten der walisischen Sprache, welche uns fremd erscheinen, sind die konjugierten Präpositionen und die Anlautveränderungen. Letzteres bedeutet, dass je nach vorangehendem Wort der anlautende Konsonant eines Wortes durch einen anderen ersetzt wird. Außerdem folgen die Adjektive jeweils dem Substantiv. Buchstaben wie das „k“, „q“, „v“ oder „x“ fehlen gänzlich. Wenn Sie diese Sprache neugierig gemacht hat, empfehle ich Ihnen den kostenlosen Walisisch-Sprachkurs sowie die offizielle Seite.
Walisisch in Argentinien
Zum Schluss eine Anekdote: Die zweitgrößte Gruppe Menschen (nebst den Walisern in Wales), die Walisisch beherrscht und pflegt, befindet sich sage und schreibe in Argentinien! Rund 25.000 Nachfahren walisischer Einwanderer leben im Gebiet Rio Chubut. Walisische Teehäuser sind typisch für die Städte dieser Region. Sie sehen, das Walisische ist also kein Kauderwelsch, sondern in der Tat eine lebendige Sprache!
Ein paar Redewendungen
Cartref yw cartref er tloted y bo.
Wörtliche Übersetzung: Das Zuhause ist Zuhause, egal wie arm es ist.
Bedeutung: Zuhause ist es am schönsten.
Gŵr heb bwyll llong heb angor.
Ein Mann ohne Vernunft, ist ein Schiff ohne Anker.
Bedeutung: Vernunft ist eine Tugend. Gebrauche deinen Verstand.
Bwrw hen wragedd â ffyn.
Wörtliche Übersetzung: Es regnet alte Weiber und Spazierstöcke.
Englische Entsprechung: „It’s raining cats and dogs.“ In der deutschen Sprache bekannt als „Es regnet Bindfäden.“
Yr hen a ŵyr a’r ieuanc a dybia.
Wörtliche Übersetzung: Der Alte weiß es, der Junge glaubt zu wissen.
Bedeutung: Die Weisheit kommt mit dem Alter.
Dieser Beitrag über die walisische Sprache ist eine ideale Ergänzung zu unserem Blogbeitrag „Von wegen in Großbritannien spricht man einfach Englisch".
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