von der Weltkriegs-Durchhalteparole zum geflügelten Wort
Wenige Worte, eine klare Botschaft: Ruhig bleiben und weitermachen. Das dachte sich die britische Regierung im Jahr 1939, als sie durch ihr Informationsministerium, das zu Kriegszeiten für Propaganda zuständig war, über 2 Millionen Plakate in roter Farbe mit weißer Schrift und der Krone von König George VI. drucken ließ. Zum Einsatz kam die Durchhalteparole jedoch nie. Nur wenige Poster wurden, unautorisiert, aufgehängt, u. a. in einem Ladengeschäft in Leeds, an der Wand eines Labors in Bedfordshire und in einem Pub. Davon gibt es ein Foto, das kein Geringerer als Sir Cecil Beaton, britischer Fotograf, Maler und Oscar-Gewinner, im Jahr 1941 aufnahm.
Stattdessen kamen andere Plakate während des 2. Weltkriegs zum Einsatz, um die Moral der Britinnen und Briten zu stärken.
- Your courage, your cheerfulness, your resolution will bring us victory: Ihr Mut, Ihre Fröhlichkeit, Ihre Entschlossenheit werden uns den Sieg bringen.
- Freedom Is in Peril / Defend It With All Your Might: Die Freiheit ist in Gefahr. Verteidige sie mit aller Kraft.
Auktionsfund nahe Alnwick Castle
Zurück zu „Keep calm and carry on“: In einer Kiste mit alten Büchern, die Antiquar Stuart Manley im Jahr 2000 bei einer Auktion ersteigert hatte, befand sich ein zusammengefaltetes Exemplar des Posters. Er mochte es auf den ersten Blick, zeigte es seiner Frau Mary, die es rahmte und in ihrem gemeinsam betriebenen Antiquariat im Bahnhofsgebäude von Alnwick aufhängte. Die Kleinstadt im Norden von Northumberland ist vor allem wegen Alnwick Castle, dem zweitgrößten Adelssitz Englands nach Windsor Castle, sehr bekannt. Dort lebten und herrschten die einflussreichen Herzöge von Northumberland, die auch dafür sorgten, dass ein sehr großes und repräsentatives Bahnhofsgebäude entstand. Der Zug hält schon seit 1968 nicht mehr in Alnwick, weshalb die Liegenschaft verfiel. 1991 jedoch holten Mary und Stuart Manley den viktorianischen Bahnhof aus seinem Dornröschenschlaf und belegen inzwischen mit Antiquariat, Café, Imbiss, Eisdiele und Souvenirladen das gesamte Gebäude.
Ein Plakat wird zum Verkaufshit
Das Poster stieß rasch auf Kauf-Interesse bei der Kundschaft von Barter Books, weshalb Stuart Manley 500 Exemplare produzieren ließ, zunächst heimlich, da seine Frau dessen „Reinheit“ nicht gefährden wollte. Aber der Verkaufserfolg überzeugte auch Mary Manley, sodass sie rund zwei Jahre lang sehr erfolgreich weitere Drucke in der Region verkauften. Der nationale Durchbruch kam 2005 als Guardian-Reporterin Susie Steiner ein kurzes Feature über dieses Plakat veröffentlichte und es als eines ihrer Lieblingsstücke bezeichnete. Das war in der Adventszeit. Barter Books erhielt daraufhin tausende Bestellungen. Den Grund für die Beliebtheit des Plakats sieht Stuart Manley darin, dass es billiger ist als Antidepressiva. Im Dezember 2006 stand für ihn fest, dass die sehr britische Durchhalteparole nun international bekannt war, denn er stieß in London auf Becher mit dem Slogan, die aus China kamen.
Varianten zu „Keep Calm and Carry On“
Mit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 zogen die Bestellanfragen wieder an. Denn „Keep Calm and Carry On“ ist längst zum geflügelten Wort geworden, das vielen Menschen als Leitspruch dient. Es entstanden zahlreiche Abwandlungen und Parodien:
- Keep Calm and Stay At Home
- Keep Calm and Drink Tea
- Keep Calm and Read A Book
- Keep Calm and Go Digital
- Keep Calm and Freak Out
- Keep Calm and Wash Your Hands
Quellen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Keep_Calm_and_Carry_On
https://www.barterbooks.co.uk/
https://www.london.ac.uk/about-us/history-university-london/story-behind-keep-calm-and-carry
https://www.faz.net/aktuell/reise/keep-calm-and-carry-on-ein-antiquariat-der-superlative-16745400.html
https://www.theguardian.com/artanddesign/2020/apr/20/how-we-made-keep-calm-and-carry-on-poster
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