Stöbern für den guten Zweck
Auf der Suche nach Second-Hand-Mode, Geschirr im Cornish-Blue-Ringelmuster, einer putzigen Hundeskulptur oder dem in Öl gemalten Urahn anderer Leute? All dies und viel mehr findet sich in den zahlreichen britischen „charity shops“. Auf jeder Hauptstraße („high street“) und in so mancher 1-B-Lage in England, Schottland und Wales ist mindestens ein solcher Laden zu finden, meist sind es mehrere. Sie widmen sich jeweils einem bestimmten guten Zweck; mal gehen die Einnahmen an den örtlichen Katzenschutzclub, mal an die British Heart Foundation oder den Hospizverein, mal an ein Kinderprojekt oder eine Beratungsstelle für Teenager.
Der erste Oxfam-Shop in Oxford
Der allererste offizielle „charity shop“ Europas eröffnete 1947 in Oxford seine Tür und gehörte zur Organisation Oxfam, die noch heute – auch außerhalb der Britischen Inseln – viele Gebrauchtwarenläden betreibt. Die Idee ist aber älter. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts gab es in Großbritannien Geschäfte, die vor allem Produkte verkauften, die von Menschen mit Behinderungen hergestellt worden waren – häufig Bürsten und Besen. Noch älter waren die von der Heilsarmee betriebenen Läden mit Gütern des täglichen Gebrauchs, in denen nur arme Leute einkaufen durften. Als Mutter aller „charity shops“ gilt übrigens ein Blumenstand in Mayfair, London, mit dem im 19. Jahrhundert Geld für einen guten Zweck gesammelt wurde.
Nur eine Notlösung bei Leerständen?
Die Läden haben nicht nur Fans. Geschäftsleute der Umgebung kritisieren, dass zu viele „charity shops“ die Einkaufsmeile weniger attraktiv machen – Bedenken, die übrigens schon in den 1960er-Jahren geäußert wurden. Allerdings hat die Zahl immer weiter zugenommen, und waren sie früher eher versteckt, sind sie heute häufig in prominenter Lage. Der Grund: Um Leerstände zu vermeiden, wird an „charity shops“ vermietet, wo früher Modeläden oder Haushaltswarengeschäfte waren. Natürlich ist ein Second-Hand-Laden attraktiver als ein gähnend leeres, mit Plakaten beklebtes Schaufenster.
Manche der Läden haben eine hauptamtliche Kraft und ansonsten Ehrenamtliche, manche sind auch komplett von „volunteers“ betrieben. Das Engagement ohne Bezahlung hat in Großbritannien eine lange Tradition. Was nach Abzug von Miete und Aufwandsentschädigung übrigbleibt, geht an den guten Zweck.
Fundgrube für Sammelwütige
Wie attraktiv ein solches Geschäft ist, hängt sehr vom Sortiment ab. Die Betreiber müssen sich oft gegen eine Flut von Kleiderspenden wehren, die eigentlich nicht mehr zu gebrauchen sind; manche Menschen sehen die Läden als eine Art Entsorgungsstation. Kluges „charity-shop“-Personal weist Zumutungen sofort zurück und nimmt nur, was sich auch weiterverkaufen lässt. Dabei muss das Sortiment nicht unbedingt dem eigenen Geschmack entsprechen. Auch Nippes, kitschige Liebesromane und Lampen mit Zwergenhut finden ihre Käuferinnen und Käufer. Für Sammler – seien sie auf der Suche nach Bernsteinketten, alten Postkarten oder Werbeschildern aus den Fifties – sind die Läden wahre Fundgruben.
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