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Die feine englische Art

Zum National Novel Writing Month: selbst schreiben oder Romanempfehlungen lesen?

Zum National Novel Writing Month: selbst schreiben oder Romanempfehlungen lesen?

Machen Sie es sich mit Ihrem Lieblingsbuch gemütlich!

Auf der ganzen Welt werden im Moment fleißig Romane geschrieben, denn am 1. November startete der „National Novel Writing Month“ – kurz NaNoWriMo. Schon seit 1999 versuchen sich Schriftsteller/innen an der einfachen, aber gleichzeitig auch enormen Herausforderung, innerhalb von 30 Tagen einen Roman mit 50.000 Wörtern zu schreiben. Jeder darf mitmachen und auf der Webseite der mittlerweile gegründeten Nonprofit-Organisation gibt es Schreibgemeinschaften, Wortzähler und zahlreiche Anleitungen: https://nanowrimo.org/
Wir freuen uns schon auf die zahlreichen Werke, die dort entstehen!

Von unserem Online-Team schreibt dieses Jahr keiner mit, aber als wir neulich über den NaNoWriMo sprachen, kamen wir auf die Idee, doch mal einige unserer Lieblingsbücher von britischen Autoren vorzustellen. Dabei kam diese bunte Mischung heraus!

„Drei auf Reisen“ von David Nicholls; empfohlen von Ariane Stech, Redakteurin

„Ich habe das Gefühl, unsere Ehe ist am Ende, Douglas. Ich glaube, ich will dich verlassen.“ Um ihrem Mann das zu sagen, hat Connie ihn mitten in der Nacht aufgeweckt. Douglas kann es nicht fassen. Sie sind doch glücklich, oder? Zwanzig Jahre Ehe, das wirft man nicht einfach weg! Douglas besteht also darauf, die lange geplante gemeinsame Europareise anzutreten, um so die Beziehung zu retten. Sohn Albie, mit 18 Jahren nicht in seiner besten Lebensphase, fährt auch mit.

David Nicholls ist einer jener typisch englischen Autoren, die traurige Geschichten so richtig lustig erzählen können. Wir begleiten Douglas und Connie nicht nur durch Europas schönste Städte, sondern auch in Rückblenden durch die Jahre ihrer Ehe. Dass sie nicht so recht zueinander passen, wird eigentlich von Anfang an klar: Er ist Naturwissenschaftler mit Hang zum Erbsenzählen, sie ein künstlerischer Freigeist. Beide haben ein gutes Herz, reden aber sozusagen in verschiedene Sprachen. Beim Lesen wechseln die Sympathien – mal sind wir auf Connies Seite, weil ihr Mann als gefühllos rüberkommt, mal auf der Seite von Douglas, weil sie den Sohn gegen ihn aufhetzt. Zudem überschattet eine Tragödie beider Leben, denn sie haben ihre kleine Tochter verloren.

Nicholls ist ein Fachmann für Gefühlsnuancen, seine Hauptfigur Douglas aber leider nicht. Eine der besten und zugleich schlimmsten Szenen spielt bei einem Quizabend in Albies Schule, als Douglas darauf besteht, dass eigentlich sein Team der Sieger sei und das auch akribisch belegt – völlig blind dafür, dass sein Sohn vor Scham im Erdboden versinkt und die ausgelassene Stimmung kippt. Er meint es aber nicht so!

Ein wunderbares Buch für alle, die sich für Zwischenmenschliches interessieren, britischen Humor lieben und ein Herz für Nerds haben.

P. S. Sehr empfehlenswert sind auch Nicholls' „Zwei an einem Tag“ und „Sweet Sorrow“.

„Mort“ von Terry Pratchett; empfohlen von Julia Stüber, Social-Media-Managerin

Sir Terry Pratchett war ein britischer Fantasy-Schriftsteller, der leider 2015 gestorben ist. Er ist vor allem bekannt für seine „Scheibenwelt“-Romane, die in 37 Sprachen übersetzt und über 80 Millionen Mal verkauft wurden. Pratchett hatte einen ganz eigenen Schreibstil, voller Humor, der bis zur Persiflage reicht – was im Fantasy-Genre eher unüblich ist. Sein Sprachwitz kommt natürlich besonders im englischen Original zur Geltung!

Die fiktive Scheibenwelt, die, wie der Name schon verrät, flach ist, wird von den irrwitzigsten Kreaturen bewohnt. Natürlich darf dabei auch der „Tod“ nicht fehlen, der im vierten Band – „Mort“, „Gevatter Tod“ – das erste Mal die Hauptrolle übernimmt. Man muss übrigens die vorherigen Bände nicht lesen, um die Handlung zu verstehen!

Der „Tod“ hat irgendwann keine Lust mehr auf seine Aufgabe, die darin besteht, die verstorbenen Seelen dorthin zu bringen, woran sie zu Lebzeiten geglaubt haben. Also sucht er sich einen Lehrling, den tollpatschigen Mort – eine Anspielung auf das französische Wort für Tod! Der Lehrling macht sich am Anfang gar nicht schlecht, obwohl er schon mal vergisst, den Tod in Großbuchstaben anzusprechen. Der Tod kann dann endlich seinem Traum nachgehen und die Menschheit studieren. Dabei gibt er sich zum Beispiel dem Vergnügen des Trockenfliegen-Angelns hin – allein die Vorstellung ist köstlich!

Natürlich endet das Ganze in einem großen Schlamassel, das ich aber nicht weiter verraten möchte. Wer skurrile Charaktere und wunderbaren englischen Sprachwitz mag, dem seien „Mort“ und alle anderen Scheibenwelt-Romane empfohlen.

„Fever Pitch“ von Nick Hornby; empfohlen von Reinhard Rosenberg, Data Scientist

„Fever Pitch“ von Nick Hornby nehme ich immer wieder in die Hand. Dabei bin ich gar kein Fußball-Fan wie der Protagonist, aber es finden sich, neben der Liebe für den Lieblingsverein, viele typisch britische Eigenheiten und Einblicke in das typische Lebensgefühl der „middle class“. Keine Spur von „stiff upper lip“: Es geht um triumphale Siege, schmerzhafte Niederlagen, Frust, Wut, Begeisterung, Leidenschaft und Ernüchterung – sowohl auf dem Platz als auch im Privatleben. Dazu gehört natürlich auch jede Menge Bier und Regen; ein Leben getaktet im Rhythmus des Spielplans.

Die „Clifton-Saga“ von Jeffrey Archer; empfohlen von Andrea Effelsberg, Online-Marketing-Managerin

Mit Anfang 70 stellte sich der britische Schriftsteller Jeffrey Archer seiner wohl größten literarischen Herausforderung: Er schuf die 7-teilige Clifton-Saga. Darin wird die Lebensgeschichte Harry Cliftons, geboren 1920 in Bristol, erzählt, die eng verwoben ist mit der Geschichte der gut betuchten Familie Barrington, die erfolgreich Schiffe baut. Neben der äußerst spannenden Erzählung rund um Liebe und Macht, Intrigen und Verrat, Geheimnisse und tragische Ereignisse durchlebt die Leserschar zusammen mit dem Protagonisten die Geschichte Europas vom Ende des 1. Weltkriegs bis zur Wiedervereinigung Deutschlands. Jeffrey Archer ist ein großartiger Geschichtenerzähler, dessen Clifton-Saga ich von der ersten bis zur letzten Zeile verschlungen habe.

Die sieben Buchtitel:

  • Spiel der Zeit
  • Das Vermächtnis des Vaters
  • Erbe und Schicksal
  • Im Schatten unserer Wünsche
  • Die Wege der Macht
  • Möge die Stunde kommen
  • Winter eines Lebens

„Wie die Steeple SINDERBY Wanderers den POKAL holten“ von J. L. Carr; empfohlen von Lucie Prinz, E-Commerce-Leiterin

Der Schriftführer der Sinderby Wanderers wurde vom Vorsitzenden des Vereins dazu auserkoren, eine Chronik der Ereignisse bis zum Pokal-Gewinn zu verfassen. Das ist der Kunstgriff, der es dem Autor erlaubt, alle auftretenden Charaktere, deren Zusammentreffen und Agieren zu dem ausgewöhnlichen Erfolg führten, auf unglaublich witzige und pointierte Weise zu skizzieren. Da ist der Dorflehrer Dr. Kossuth, ein Vertriebener aus Ungarn, der sein analytisches Geschick in Form von 6 Regeln einbringt, an die sich der Trainingsplan für die Spieler zu halten hat. Der Trainer – gleichzeitig Stürmer der Mannschaft – ist ein ehemaliger Fußball-Profi, den ein unglückliches Schicksal aufs Land verschlagen hat. Seine Kenntnisse über die Fußballwelt jenseits der Dorfligen sind die zweite Zutat für den Erfolg. Der unumstrittene Vorsitzende des Vereins, Mr Fangfoss, dem zugleich praktisch das ganze Dorf gehört, stellt schließlich sicher, dass alle notwendigen Entscheidungen auf dem kürzest möglichen Wege erfolgen.

Diese Novelle über einen Dorfverein, der entgegen aller Wahrscheinlichkeit den englischen Fußball-Pokal holt, ist ein Gleichnis für alles, was Menschen erreichen können, wenn sie nur fest genug von ihrem Tun überzeugt sind und dafür ihre Talente zusammenschließen. Zugleich ist die Geschichte eine wunderbar melancholisch-heitere Hommage an das oftmals triste Leben auf dem Lande, gewürzt mit ironischen Seitenhieben auf die Kultur und Gesellschaft in England in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts.

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