Alle britischen Kinder kennen „nursery rhymes“, traditionelle Reime mit mehr oder weniger sinnfreiem Inhalt. Diese kleinen Gedichte werden seit Generationen überliefert und sind fester Bestandteil der angloamerikanischen Kultur.
Figuren wie
- „Little Jack Horner“,
- „Humpty Dumpty“,
- „Little Miss Muffett“ und
- „Little Bo Peep“, die drei blinden Mäuse,
- „Georgy Porgy“ oder
- das „Baa Baa Black Sheep“
bevölkern seit dem 16. Jahrhundert oder auch länger die Gedankenwelt der Kleinen; die erste Sammlung als Buch erschien Mitte des 18. Jahrhunderts. Diese Woche werden die Verse in der „Nursery Rhyme Week“ ausdrücklich gewürdigt. „Nursery“ heißt übrigens (Klein-)Kinderzimmer.
Aus heutiger Sicht sind manche der Reime nicht allzu kinderfreundlich, wenn auch nicht ganz so radikal wie unser Struwwelpeter. Aber Humpty Dumpty, der oft als Ei dargestellt wird, fällt von der Mauer und ist irreparabel kaputt, den Three Blind Mice werden die Schwänzchen abgeschnitten, Jack und Jill verletzen sich beim Sturz … man könnte sich nettere Inhalte vorstellen. Auch wurde und wird immer wieder spekuliert, ob die Gedichte eine Art Code sind für wahre Begebenheiten, so soll „A ring a ring of roses“ an die Pest erinnern (weil erste Anzeichen angeblich kreisförmige Hautrötungen sind) oder „Georgy Porgy“ den ersten Duke of Buckingham, George Villiers, karikieren (denn der war sehr hinter den Frauen her – im Vers heißt es: „kissed the girls and made them cry“). Aber ob das wirklich stimmt? Es ist seit Jahrhunderten unbewiesen.
Dagegen hat aber die Forschung herausgefunden, dass Nursery Rhymes trotz ihres häufig wirren Inhaltes Kindern guttun. Die Verse gemeinsam mit ihnen zu singen oder aufzusagen, fördert das Sprach- und Rhythmusgefühl, die Fantasie, die Konzentration und das Gedächtnis, Abzählreime sind der sanfte Einstieg ins Rechnen, die vertrauten Klänge geben Sicherheit und Geborgenheit, der subtile Witz der kleinen Geschichten hilft dabei, Humor zu entwickeln (ohne den man in Großbritannien verloren wäre). Viele Kinder malen die Figuren gern.
Nicht zuletzt verbinden diese Verse die Generationen, denn die Großeltern und Urgroßeltern sind auch schon damit aufgewachsen. Und: Die mit den Eltern oder Großeltern verbrachte Zeit ist einfach wichtig. Deshalb hilft es nichts, Nursery Rhymes per Spotify dudeln zu lassen – das Kennenlernen sollte erstmal gemeinsam erfolgen.
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