Die historische Grabstätte Newgrange im Osten Irlands lockt das ganze Jahr über die Touristen an, aber der heutige Sonnenaufgang ist etwas ganz Besonderes. Denn nur in der Zeit um die Wintersonnenwende strahlt die Sonne bis in die inneren Kammern.
Newgrange liegt im Boyne Valley, knapp 50 Kilometer nördlich von der Hauptstadt Dublin, und ist um die 5.200 Jahre alt – also älter als Stonehenge und die Pyramiden! Es ist ein sogenanntes Durchgangsgrab, das von Bauern in der Steinzeit gebaut wurde. Der Hügel hat einen Durchmesser von 85 Metern, eine Höhe von 13 Metern und umfasst eine Fläche von etwas mehr als 4.000 Quadratmetern. Das Besondere an diesem Grabmal ist der 19 Meter lange Durchgang, der in eine Kammer mit 3 Nischen führt. Der Durchgang und die Kammer sind am Morgen der Wintersonnenwende auf die aufgehende Sonne ausgerichtet, sodass zum Zeitpunkt des Sonnenaufgangs an diesem Tag ein Sonnenstrahl sich durch den Gang in die Kammer bahnt. Dies geschieht nur in der Zeit vom 19. bis 23. Dezember und dauert ca. 17 Minuten. Heutzutage ist der Lichteffekt schwächer als noch während der Bauzeit, weil die Erdachse im Verlauf der vielen tausend Jahre pendelt. Dadurch erreicht der Lichtstrahl nicht mehr die hintere Platte der inneren Kammer, sondern endet ca. einen Meter davor.
In den letzten Jahren wurden Plätze für den Sonnenaufgang in Newgrange verlost. 2019 wurden 30.861 Lose ausgegeben, von denen nur 60 Menschen eine Eintrittskarte gewinnen konnten. Jeweils 10 durften sich den Sonnenstrahl morgens vom 18. bis 23. Dezember in Newgrange anschauen. Dieses Jahr wurde die Lotterie abgesagt, da Newgrange wie vieles andere seit März 2020 geschlossen ist. Stattdessen wird der Sonnenaufgang am 20., 21. und 22. Dezember live gestreamt, allerdings ist es stark vom Wetter abhängig, ob man den Sonnenstrahl wirklich sehen kann. Den Livestream finden Sie hier: https://heritageireland.ie/winter-solstice/
Newgrange hat eine sehr wechselhafte Geschichte: In der Nähe gibt es noch die Grabstätten von Knowth und Dowth, alle drei zusammen gehören seit 1993 zum Weltkulturerbe. Dabei waren die Grabstätten jahrhundertelang in Vergessenheit geraten oder fanden sich nur in den Mythen um die Tuatha De Danann wieder, die in „Feenhügeln“ wohnten.
Trotzdem wurde Newgrange vergessen, es wuchsen Bäume um den Hügel herum, und die Menschen dachten, es wäre einfach eine natürliche Hügelkuppe, die sie als Weideland nutzten. Erst 1699 entdeckte der Grundbesitzer Charles Campbell zufällig, dass es eben kein natürlicher Hügel, sondern eine Grabstätte war. Im folgenden 18. Jahrhundert untersuchten Wissenschaftler Newgrange, aber es dauerte bis 1882, bis es durch den „Ancient Monument Protection Act“ unter den Schutz des Staates gestellt wurde. Es folgten mehrere Ausgrabungen am äußeren Steinring, aber erst 1962 fand eine systematische Ausgrabung unter der Leitung von Michael J. O’Kelly vom Trinity College Dublin statt. Er war es auch, der die Rekonstruktion leitete, die bis 1975 andauerte. Diese Rekonstruktion steht allerdings immer wieder in der Kritik, sich zu weit von dem möglichen Original entfernt zu haben, in dem z. B. Betonstützen im Inneren verwendet wurden und dass die heutige Fassade lediglich eine Interpretation sei.
Falls Sie noch mehr zu den Ausgrabungen wissen möchten, empfehlen wir Ihnen diese informative Webseite mit vielen Bildern und Videos: http://www.carrowkeel.com/sites/boyne/newgrange2.html
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