Hutgeschichten, Teil zwei
Es gab eine Zeit, da ging kein Mann ohne Hut aus dem Haus. Diese Ära endete ungefähr mit den 1960er-Jahren. Seitdem ist es die Regel, ohne Kopfbedeckung unterwegs zu sein, und wer einen schicken Trilby trägt oder einen Borsalino, der fällt so richtig auf. In Großbritannien sind bei Hochzeiten nach wie vor Zylinder üblich, meist in Grau und nicht in Schwarz, und in der Freizeit trägt der lässige Gentleman gern eine Tweedkappe (oder, in jungen Jahren, Baseballcap und Beanie). Ein Typ Hut aber ist völlig aus dem Straßenbild verschwunden, sogar in seinem Stammland England und seiner Stammstadt London: die Melone. Auf Englisch heißt (oder hieß) sie: Bowler Hat.
Die Melone – Erkennungszeichen von Charlie Chaplin – war im 19. Jahrhundert der typische Hut der Arbeiterschaft, bevor sie um 1920 herum einen erstaunlichen Karrieresprung machte und zum Inbegriff des Londoner Geschäftsmannes wurde. Wer in der City Bankgeschäfte tätigte – natürlich nur seriöse, versteht sich! – der trug einen Stockschirm in der Hand und einen Bowler auf dem Kopf. Dazu Anzug, konservatives Schuhwerk und besorgte Miene. Dieses Bild ist ins kollektive Gedächtnis eingebrannt und wird auch heute noch sofort als Symbol einer bestimmten Berufsgruppe und eines Lebensstils erkannt.
Alle paar Jahre lesen wir in englischen Medien: Der Bowler Hat steht kurz vor dem Comeback. Tatsächlich bleibt es aber „wishful thinking“. Oder? Falls Sie einen Melonenträger auf der Straße entdecken, der nicht gerade von einer Kostümparty kommt, lassen Sie es uns wissen.
Zum Weiterlesen:
Hutgeschichten, Teil eins: Faszinierend so ein „fascinator“!
Hutgeschichten, Teil drei: mit dem Zylinder hoch hinaus
Leserbriefe (3)
Florian Fleischmann
am 16.07.2017Lucie Prinz
am 17.07.2017Jens K.
am 21.07.2022